Arbeitgeber Baden-Württemberg und LVI
zur Halbzeitbilanz der grün-schwarzen
Regierungskoalition
Bisherige Weichenstellungen noch nicht ausreichend
Wolf: „Landesregierung muss dringend mehr Engagement beim Ausbau der Verkehrs- und Breitband-Infrastruktur zeigen“
Dick: „Zahlenmäßig schlechte Versorgung mit Ganztagsangeboten in Kitas und Schulen bleibt offene Flanke“
Stuttgart, 15.11.2018 – Die Spitzenverbände der baden-württembergischen Wirtschaft halten die bisherigen wirtschafts- und bildungspolitischen Weichenstellungen der grün-schwarzen Landesregierung noch nicht für ausreichend, um das Land erfolgreich im Prozess der Digitalisierung und Transformation der Wirtschaft aufzustellen. „Die Landesregierung muss die verbleibende zweite Hälfte der Legislaturperiode dringend nutzen, um weitere notwendige Akzente in den zentralen Handlungsfeldern Fachkräftesicherung, Infrastruktur, Innovation und Belastungsabbau zu setzen“, erklärten der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber Baden-Württemberg, Peer-Michael Dick, und das Geschäftsführende Vorstandsmitglied des Landesverbandes der Baden-Württembergischen Industrie (LVI), Senator E.h. Wolfgang Wolf, am Donnerstag in Stuttgart bei der Vorstellung einer gemeinsamen Bewertung der ersten Hälfte der Legislaturperiode.„So muss die Landesregierung alles daransetzen, dass schnellstmöglich die weißen wie auch die grauen Flecken in der Versorgung mit leistungsfähigen Glasfaser-Datenleitungen verschwinden“, forderte Wolf. Der flächendeckende Ausbau einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur müsse im Flächenindustrieland Baden-Württemberg als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge verstanden werden. „Denn bei uns sitzen viele mittelständische Unternehmen – oft Weltmarktführer in ihren Produktsegmenten – in den schlechter versorgten ländlichen Regionen. Für die Digitalisierung ihrer Unternehmen und Geschäftsmodelle sind sie aber zwingend auf einen Zugang zu schnellem Internet angewiesen“, sagte der LVI-Vertreter.
Dringend nötig sei auch der Ausbau der Infrastruktur für digitales Lernen im Land, betonte Dick: „Ein weiteres Warten auf den ‚DigitalPakt Schule‘ des Bundes kann sich Baden-Württemberg nicht leisten. Wir brauchen jetzt rasch eine Ausstattungsoffensive an den Schulen und eine Qualifizierungsoffensive für Lehrkräfte.“ Auch für die Berufsschulen müssten dabei digitale Räume und moderne Lernumgebungen geschaffen werden.
Zudem drohe sich die bereits bestehende Unterversorgung mit Lehrkräften an den Berufsschulen durch die absehbare Pensionierungswelle weiter zu verschlimmern, warnte der Arbeitgebervertreter: „Die Landesregierung muss daher dringend noch stärkere Akzente bei der Lehrergewinnung für die Berufsschulen setzen.“
Nicht nur bei der digitalen Infrastruktur und im Bildungsbereich sehen die Verbände Nachholbedarf. Auch bei der Verkehrsinfrastruktur liege noch einiges im Argen. „Logistik und Güterverkehr sind essenziell für das Funktionieren unseres Wirtschaftsstandorts“, erläuterte Wolf: „Doch das Güterverkehrskonzept des Landes befindet sich weiterhin im Entwurfsstadium. Konzepte zur effizienten Nutzung der Straßeninfrastruktur wie der Lang-Lkw werden bestenfalls in Ausnahmefällen geduldet, obwohl sie ökonomisch und ökologisch sinnvoll sind.“ Und was das Thema Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge in Innenstädten angehe, sei es sehr unbefriedigend, dass die Bemühungen der Landesregierung nicht ausgereicht hätten, stark restriktive Eingriffe in die Mobilität zu verhindern. „Hier erwarten wir noch mehr Entschlossenheit und Durchschlagskraft“, sagte der LVI-Geschäftsführer, der angesichts der Herausforderungen der Energiewende zudem deutlich machte, dass bei den Aktivitäten des Landes zur Weiterentwicklung der Energie und Klimaschutzziele neben der Umweltverträglichkeit auch stets auf Kosten- und Wettbewerbsimplikationen, technische Machbarkeit sowie die Anforderungen an die Versorgungssicherheit geachtet werden müsse.
Probleme macht den Unternehmen im Südwesten in zunehmendem Maße auch der Fachkräftemangel, so die Verbandsvertreter. „Ein weiterer Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten wäre hier ein wichtiger Lösungsbaustein, denn er würde es beiden Elternteilen erlauben, verstärkt in Vollzeit zu arbeiten“, erklärte Dick: „Die im Bundesvergleich zahlenmäßig schlechte Versorgung mit Ganztagsangeboten in Kitas und Schulen in Baden-Württemberg bleibt eine offene Flanke. So steht auch die Aufnahme aller Schularten als Ganztagsschule ins Schulgesetz weiterhin aus. Wir wünschen uns hier von der Landesregierung insgesamt mehr Engagement.“
Die gesamte Bewertung der Regierungs-Halbzeitbilanz finden Sie in einem separaten Dokument.