Baden-württembergische Wirtschaft:
Politik muss Impfstrategie überarbeiten
Wolf: „Unnötig längere Einschränkungen, nur weil das Impfkonzept zu scheitern droht, sind nicht hinnehmbar“
Dick: „Brauchen dringend eine deutliche Beschleunigung bei den Impfungen“
Stuttgart, 04.01.2020 – Angesichts des weiterhin hohen Covid-19-Infektionsgeschehens sieht die baden-württembergische Wirtschaft zwar kurzfristig keine Alternative dazu, den bestehenden Lockdown vorübergehend zu verlängern. „Allerdings müssen jetzt dringend die Voraussetzungen für deutlich erhöhte Impfzahlen geschaffen werden. Unnötig lange Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft, nur weil das Impfkonzept der Bunderegierung und der Länder zu scheitern droht, wären nicht hinnehmbar“, sagte das Geschäftsführende Vorstandsmitglied des Landesverbands der Baden-Württembergischen Industrie (LVI), Wolfgang Wolf, am Montag in Stuttgart. Das Chaos bei der Vergabe von Impfterminen sei nur eines von mehreren Beispielen.
Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber Baden-Württemberg, Peer-Michael Dick, verwies auf andere Länder, die trotz vergleichbar hoher Standards bei der Sicherheit von Medikamenten deutlich höhere Impfquoten aufwiesen. So seien in Israel bereits mehr als eine Million von insgesamt neun Millionen Einwohnern geimpft, im vergleichbar großen Baden-Württemberg erst wenige Zehntausend. Dabei sei der hauptsächlich verwendete Impfstoff bekanntlich in Deutschland entwickelt worden. „Es ist daher unangemessen, wenn der Bundesgesundheitsminister Kritik an der Vakzin-Beschaffung als ‚Impfnationalismus‘ abtut“, kritisierte Dick: „Es wäre auch grob fahrlässig, ausgerechnet bei diesem Thema sparen zu wollen.“ Gegebenenfalls müssten auch Notfallzulassungen von weiteren Vakzinen geprüft werden, damit mehr Impfstoff zur Verfügung stehe.
Der verstolperte Impfauftakt sei eine zusätzliche Belastung für die pandemiegeplagten Menschen und Unternehmen im Land. „Wir starten in ein weiteres Jahr völliger Ungewissheit“, sagte Wolf. Berufstätige Eltern wüssten noch nicht, ob ihre Kinder in den nächsten Wochen durchgängig betreut würden, Ladenbesitzer nicht, wann sie wieder öffnen dürften, produzierende Betriebe nicht, wie lange ihre Produkte noch Abnehmer fänden.
„An jedem weiteren Tag, an dem dieser Zustand anhält, spitzt sich die zum Teil jetzt schon dramatische Situation in den Unternehmen weiter zu“, sagte Dick: „Wir brauchen daher dringend eine verlässliche Perspektive, zu der auch eine deutliche Beschleunigung bei den Impfungen gehört.“