Zur Situation nach der Abstimmung im britischen Unterhaus über den Brexit-Vertrag äußerte sich das geschäftsführende LVI-Vorstandsmitglied Wolfgang Wolf sehr besorgt:
„Natürlich kam die Ablehnung des Abkommens im Unterhaus letztlich nicht mehr überraschend. Und ebenso wenig würden uns die Auswirkungen eines ungeordneten, harten Brexit überraschen – sie sind zu weiten Teilen vorhersehbar, und sie wären für alle Seiten massiv.
Es mag menschlich nachvollziehbar sein, dass über ein derart weitreichendes, nie dagewesenes Ereignis wie den Brexit im britischen Parlament mit heißem Herzen diskutiert und abgestimmt wird; zum Wohle der Wirtschaftsstandorte auf beiden Seiten des Ärmelkanals ist es hingegen nicht. Wo Vernunft geboten wäre, droht nun ein chaotischer Brexit.
Die baden-württembergischen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich sind vielfältig, die Im- und Exportvolumina immens. Deutschlandweit reden wir von einem bilateralen Außenhandelsvolumen Deutschlands von über 175 Milliarden Euro; für Baden-Württemberg ist das Vereinigte Königreich der siebt wichtigste Außenhandelspartner. Natürlich würde die zu erwartende Rezession in der britischen Wirtschaft an Deutschland und Baden-Württemberg nicht unbemerkt vorüberziehen, auch und gerade angesichts der Verflechtungen im Kfz- und Maschinenbaubereich.
Gegenwärtig ist es schlichtweg so, dass sich – wenige Wochen vor dem Ausstiegsdatum – unsere Unternehmen mit der Perspektive massiver Behinderungen befassen müssen, die aber ohne eine Einigung beliebig vage sind und kaum eine Vorbereitung auf den bürokratischen Aufwand und auf künftige rechtliche Rahmenbedingungen bis hin zu möglichen Zöllen ermöglichen.
Weiterhin sind in allererster Linie die handelnden Personen in London gefordert, einen Weg zu finden, um den harten Brexit zu vermeiden. Gleichzeitig müssen aber auch die europäischen Institutionen auf diese lange Zeit nahezu undenkbare Entwicklung konkret reagieren und ihrerseits daran arbeiten, die schwersten Folgen einzudämmen.
Es darf in den kommenden Wochen und Monaten nicht um Eitelkeiten, Gesichtsverlust oder politische Spielchen gehen. Die Auswirkungen des Brexit sind auf beiden Seiten, und auch darüber hinaus, derart gravierend, dass die oberste Maxime nun darin bestehen muss, mit viel Weitblick, großer Vernunft und kühlem Herzen die wirtschaftliche Zukunft Europas, und damit sowohl Deutschlands und Baden-Württembergs als auch des Vereinigten Königreichs, vor dem allergrößten Schaden zu bewahren.“