LVI: Weiterer Lockdown kann nur Ultima Ratio sein
Stuttgart, 27. 10.2020: Angesichts der Überlegungen, einen „Lockdown light“ in der Bund-Länder-Runde zu beschließen, übt der Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie (LVI) Kritik und fordert ein Vorgehen mit Augenmaß. „Es steht außer Frage, dass der Gesundheitsschutz oberste Priorität haben muss. Die medial angekündigten Maßnahmen würden aber wieder jene treffen, die ohnehin schon unter den bisherigen Maßnahmen leiden. Getroffen würden nicht nur Unternehmen, die es bisher ohne staatliche Hilfen geschafft haben, sondern auch viele kleine und mittelständische Betriebe, Selbständige und vor allem wieder die Gastronomie“, machte das geschäftsführende Vorstandsmitglied Wolfgang Wolf deutlich. Zudem scheine der Weg von einem „Lockdown light“ zu einem, wie im März und April gelebten, generellen Lockdown nicht mehr weit, mit verheerenden Folgen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.
Ohnehin mache sich in vielfältiger Weise Unsicherheit breit: Auf der einen Seite bei den Unternehmen, die Planungssicherheit benötigen anstelle sich ständig verändernder Corona-Regelungen, auf der anderen Seite bei den Arbeitnehmern, die um ihre Arbeitsplätze fürchten. Zwar seien die Arbeitslosenzahlen zuletzt wieder rückläufig gewesen. „Dennoch ist das Risiko einer wie von der Bundesbank angekündigten Insolvenzwelle im Frühjahr 2021 alles andere als gebannt – zumal Baden-Württemberg ohnehin schon vom stärksten Beschäftigtenabbau betroffen war“, so Wolf weiter.
Im September noch schien der Konjunktureinbruch etwas schwächer auszufallen, als bisher angenommen. Anfang Oktober wurde gar spekuliert, das Schlimmste liege hinter uns, nachdem sich die Auftragswerte im August erfreulicherweise auf Vorjahresniveau bewegt hatten. „Die jüngsten Konjunkturumfragen“, unterstrich Wolf, „zeigen aber genau ein anderes Bild: Die Bewertung der aktuellen Geschäftslage fällt skeptisch aus, Impulse von den wichtigen Handelspartnern werden bestenfalls partiell erwartet.“
Zudem gerate die Umsetzung des Konjunkturpakets ins Stocken. Während das Instrument des Kurzarbeitergeldes richtiger Weise erst verlängert wurde, um den Unternehmen die nötige Flexibilität zu verschaffen, habe die Mehrwertsteuersenkung keine spürbaren Impulse gebracht. „Relativ leicht und unbürokratisch umzusetzen wäre die schon zu Beginn der Krise vorgeschlagene Ausweitung des Verlustrücktrags, und auch die Ausweitung der Sofortabschreibungen sei ein probates Mittel, private Investitionen anzukurbeln,“ hob der LVI-Geschäftsführer weiter hervor. Des Weiteren werde man nicht darum herumkommen, den Spielraum der jetzigen Staatsverschuldung zu nutzen, um gezielte Investitionen in Infrastruktur, sei es im Verkehrssektor oder im Ausbau der digitalen Infrastruktur, zu tätigen. Zudem, so Wolf abschließend, habe die Antragstellung bei den überlebensnotwendigen Krediten exemplarisch verdeutlicht, „dass der Abbau von Bürokratie bis jetzt nur in „homöopathischen Dosen“ gelingt“.