Spitzenverbände der Wirtschaft begrüßen, dass die steuerliche Forschungsförderung nun endlich eingeführt wird
STUTTGART, 29.11.2019 – Die baden-württembergische Wirtschaft hat die Entscheidung des Bundesrats begrüßt, die den Weg für die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung ab 1. Januar 2020 freimacht. „Dieser Schritt war längst überfällig. Deutschland kann nun endlich einen Teil seines Wettbewerbsnachteils abbauen, den es gegenüber beinahe allen großen Industrienationen hat“, erklärten gemeinsam die Spitzenverbände der Wirtschaft im Land, der LVI (Landesverband der baden-württembergischen Industrie e.V.) und die Arbeitgeber Baden-Württemberg.
Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger hob als positiv hervor, dass im Gesetzgebungsverfahren erreicht werden konnte, dass auch extern vergebene Auftragsforschung direkt beim Auftrag gebenden Unternehmen gefördert werden: „Es ist völlig richtig und notwendig, dass die Unternehmen entlastet werden, die auch die Kosten und das unternehmerische Risiko tragen.“ Aus Sicht von LVI-Präsident Heinrich Baumann ist dies ein enorm wichtiger Schritt für die Südwestwirtschaft, da nun insbesondere auch kleine und mittelständische Unternehmen von der Förderung profitieren könnten, die keine eigene Forschungsabteilung haben und daher Forschungs- und Entwicklungsaufträge extern vergeben: „Hierzu hat sicherlich auch der engagierte Einsatz von Landes-Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut beigetragen.“
Für die Wirtschaftsverbände ist es nun entscheidend, dass die Förderung so bürokratiearm wie möglich ausgestaltet wird, damit sie wirklich auch bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen ankommt, die gerade in Baden-Württemberg die Wirtschaft prägen. Zudem müssen die Fördersummen alsbald evaluiert werden, fordert Dulger: „Wenn sie sich im internationalen Vergleich als zu niedrig erweisen sollten, wäre die Anreizwirkung der Forschungsförderung unnötig beschränkt. Dann müsste der Gesetzgeber unmittelbar nachsteuern.“
Für LVI-Präsident Baumann ist die steuerliche Forschungsförderung angesichts der enormen Herausforderungen eines Strukturwandels in der Automobilindustrie, der Digitalisierung in der Wirtschaft und einer rückläufigen Konjunktur allerdings nur ein kleiner Baustein, um die Wirtschaft insgesamt mit verbesserten Standortbedingungen zu unterstützen: „Wir brauchen in Gesamtheit politische Rahmenbedingungen, die die Industrieunternehmen bei diesem Wandel stützen und stärken, nicht nur Einzelmaßnahmen.“
Als wichtigen Hebel hierbei nennt Arbeitgeberpräsident Dulger eine Reform des Arbeitszeitrechts: „Das aktuelle Arbeitszeitgesetz entspricht nicht den Anforderungen an Arbeiten 4.0.“ Modernen flexiblen Arbeitszeitmodellen mit selbstbestimmter Arbeitszeit würden heute zum einen durch die tägliche Höchstarbeitszeitgrenze von maximal acht bzw. zehn Stunden, zum anderen durch die starren Regelungen zur täglichen Ruhezeit zu enge Grenzen gezogen. Dringend erforderlich sei immer noch die Umstellung der Tageshöchstarbeitszeit auf eine regelmäßige Wochenarbeitszeit durch den Gesetzgeber, so wie es auch die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorsehe: „Dies bedeutet keine Ausweitung der Arbeitszeit, sondern nur eine bessere Möglichkeit, die Arbeitszeit innerhalb einer Woche flexibler zu verteilen.“