Dick: Politik muss bei Pflicht für Kosten einstehen – Öffentliche Arbeitgeber sollen praktische Umsetzung erproben
Stuttgart, 12.04.2021 – Die baden-württembergische Wirtschaft lehnt eine generelle Pflicht für Betriebe, ihren Beschäftigten regelmäßige Covid-19-Schnelltests anzubieten, weiterhin ab. „Arbeitgeber testen nicht Bürger im Rahmen von Bürgertests, sondern ihre Beschäftigten. Deshalb müssen solche Tests Bestandteil eines betrieblichen Schutzkonzepts sein, das auch berücksichtigen kann, wo solche – freiwilligen – Tests aufgrund betrieblicher Kontakte überhaupt sinnvoll sind“, sagte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer des Dachverbands Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), am Montag in Stuttgart.
Mit immer größerem Erstaunen würden die Unternehmer in Baden-Württemberg – vom kleinsten Einzelhändler bis zum großen Industrieunternehmen – die von Woche zu Woche konfuseren Versuche der Politik wahrnehmen, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen. „Wir akzeptieren selbstverständlich, dass angesichts der schwierigen Lage noch mehr getan werden muss“, sagte Dick. Die Wirtschaft habe hier aber schon geliefert. So seien die Unternehmen in den vergangenen Wochen der Selbstverpflichtung, Tests auf freiwilliger Basis anzubieten, in großer Zahl nachgekommen, so Dick: „Damit erreichen wir den ganz überwiegenden Teil der Beschäftigten.“ Dass es nicht noch mehr Unternehmen sind, sei vor allem der weiterhin mangelhaften Verfügbarkeit von Tests geschuldet. Mittlerweile würden sogar die Verbände versuchen, die Engpässe zu beheben. So erwarte der Arbeitgeberverband Südwestmetall in den nächsten Tagen eine Lieferung von einer Million Schnelltests aus China. „Wie groß das Interesse und der Bedarf sind, zeigen die mehr als 200 Bestellungen aus den Firmen“, sagte Dick.
Klar müsse sein, dass bei einer etwaigen Testpflicht für die Unternehmen die Politik auch für die Kosten – sowohl der Tests, als auch des Aufwands – einstehen müsse, forderte der UBW-Hauptgeschäftsführer: „Wer bestellt, muss auch bezahlen. Viele Betriebe stehen pandemiebedingt mit dem Rücken zur Wand. Sie können keine weiteren Belastungen tragen.“
Die UBW sehen auch viele rechtliche Fragen noch nicht geklärt. „Deshalb regen wir an, dass die Politik zunächst einmal bei den öffentlichen Arbeitgebern ausprobiert, wie sich eine solche flächendeckende Testung von Beschäftigten in der Praxis überhaupt umsetzen lässt“, sagte Dick: „Die Politik muss hier als Arbeitgeber mit gutem Beispiel vorangehen. Was überhaupt nicht passieren darf, ist, dass die privaten Arbeitgeber hier zu etwas verpflichtet und für die öffentlichen Arbeitgeber dann wieder Ausnahmen und Schlupflöcher geschaffen werden.“ Ein Beispiel dafür sei die Modellstadt Tübingen, die ihre privaten Arbeitgeber bereits per Allgemeinverfügung zu Tests verpflichtet habe, der größte Arbeitgeber der Stadt, die Universität, sich dazu aber nicht verpflichtet fühle. „Auch beim Thema Homeoffice sind die öffentlichen Arbeitgeber nicht das Vorbild, sondern das Schlusslicht“, kritisierte Dick.
Zudem dürften die Unternehmen nicht mit möglichen datenschutzrechtlichen Problemen alleingelassen werden. „So muss beispielsweise klar sein, ob ein Arbeitnehmer, der sich freiwillig testen lässt, dazu verpflichtet ist, ein etwaiges Positivergebnis dem Arbeitgeber mitzuteilen“, sagte Dick: „Der Gesetzgeber kann die Unternehmen nicht zu etwas verdonnern, was diese dann aus rechtlichen Gründen überhaupt nicht durchführen oder überwachen können.“
Eine Testpflicht, die auch für die Beschäftigten gilt, lehnen die UBW ebenfalls ab. „Wenn aber Betriebe verpflichtet werden sollten, Tests anzubieten, müssen die Arbeitgeber im Sinne des Infektionsschutzes auch verlangen können, dass die Beschäftigten sich bereits vor dem Betreten des Betriebs testen“, sagte Dick. Weder sei es sinnvoll, wenn ggf. schon infizierte Beschäftigte für die Tests in den Betrieb kommen müssten, noch seien in vielen Bereichen aufgrund der betrieblichen Abläufe – z.B. im Schichtbetrieb in der Produktion – Tests während der Arbeitszeit praktikabel. „Und wenn man etwa von der Frühschicht verlangen würde, eine Stunde vor Arbeitsbeginn da zu sein, um sich noch in die Schlange an der Teststation stellen zu können, würde das die Bereitschaft zur freiwilligen Teilnahme sicherlich nicht fördern“, so Dick weiter.