Unternehmer BW kritisieren Verschärfung der Testpflicht: Verlässlichkeit der Politik nähert sich dem Nullpunkt
Dick: „Bankrotterklärung, dass sich die Bundesregierung nicht traut, auch die Beschäftigten in die Pflicht zu nehmen“
Stuttgart, 21.04.2021 – Die baden-württembergische Wirtschaft ist entsetzt über den Kabinettsbeschluss der Bundesregierung, die erst gestern in Kraft gesetzte Testpflicht für Unternehmen zu verschärfen. „Noch kann niemand abschätzen, wie viel die verpflichtenden Testangebote in den Betrieben wirklich bringen, doch schon wird noch mal draufgesattelt: Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Politik dieser Bundesregierung nähert sich dem Nullpunkt“, sagte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg, am Mittwoch in Stuttgart.
Erst am Dienstag war die neue Sars-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung in Kraft getreten, die die Betriebe verpflichtet, allen Beschäftigten in Präsenz mindestens einen Covid-19-Schnelltest pro Woche anzubieten. Nun will die Bundesregierung zwei Tests pro Woche zur Pflicht machen, ohne Ergebnisse abzuwarten. Die Unternehmen hätten sich gerade erst mit Mengen eingedeckt, um den Beschäftigten einen Test pro Woche anbieten zu können. Nun müssten sie kurzfristig die Mengen nahezu verdoppeln. „Wer den knappen Markt und die Lieferzeiten kennt, weiß, dass das eine Zumutung ist“, sagte Dick. Die Kosten für die Bereitstellung von Masken und einem Test pro Woche habe die Bundesregierung bereits auf 130 Euro pro Beschäftigten beziffert, was bei 30 Millionen Arbeitnehmern rund 3,9 Milliarden Euro an Belastungen für die Unternehmen bedeute, so Dick: „Mit dem doppelten Testangebot kommen weitere Milliarden hinzu. Langsam stellt sich die Frage, wie die Betriebe noch das Geld erwirtschaften sollen, mit dem die Pandemiefolgen beseitigt werden müssen.“
Eine Pflicht für die Beschäftigten, sich auch wirklich testen zu lassen oder sich selbst zu testen, soll es aber weiterhin nicht geben. „Die bisherige Erfahrung zeigt, dass die Testangebote von den Beschäftigten verhaltener angenommen werden, als dies aus Sicht des Infektionsschutzes vielleicht geboten wäre“, kritisierte Dick: „Die einseitige Verpflichtung der Betriebe droht daher, ein stumpfes Schwert zu bleiben. Es gleicht einer Bankrotterklärung, wenn Regierungsparteien sich nicht mehr trauen, das Richtige zu tun, nur, weil sie dann auch den Beschäftigten – und Wählern – auf die Füße treten müssen.“ Wer generelle Ausgangssperren verhänge oder die Arbeitnehmer zum Beispiel verpflichte, zuhause zu arbeiten, wenn das irgendwie möglich sei, müsse auch hier konsequent handeln, so Dick: „Oder sind etwa Nasen- und Rachenraum höherwertiger als die Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung?“
Die Verschärfung der Testpflicht offenbare nicht nur ein Mangel an Verlässlichkeit politischer Entscheidungen, sondern sei auch Ausdruck eines wachsenden Misstrauens und „Wirtschafts-Bashings“, das in den vergangenen Wochen zu beobachten gewesen sei, sagte Dick: „Erst drängt man die Unternehmen zu einer Selbstverpflichtung bei den Tests – und fällt ihnen dann umgehend mit der Testpflicht in den Rücken, um diese dann tags darauf zu verschärfen.“
Ein weiterer Höhepunkt des Kesseltreibens gegen die Wirtschaft sei die Ermahnung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Mützenich, dass die Gesundheit der Beschäftigten „wichtiger als Profitmaximierung“ sei. „Ganze Wirtschaftszweige stehen immer noch mit dem Rücken an der Wand und müssen mit Milliarden und Abermilliarden gestützt werden. Ihnen vorzuwerfen, dass ihnen der Profit wichtiger ist als die Gesundheit ihrer Mitarbeiter, ist zynisch und empörend und soll nur dazu dienen, von den eigenen Versäumnissen in der Pandemiebekämpfung und der Impfkampagne abzulenken.“