Wirtschaftspolitischer Gedankenaustausch mit Bündnis 90/Die Grünen
Am 21. März trafen sich Vertreter des LVI-Vorstands- und Beirats sowie die Vorsitzenden der Arbeitsausschüsse mit Vertretern der Landtagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, angeführt von deren Vorsitzendem Andreas Schwarz. Das Gespräch wurde seitens des LVI von Vizepräsident Thorsten Klapproth geleitet. Im Vordergrund standen infrastrukturelle Themen wie etwa die Mobilität der Zukunft bzw. die weitere Umsetzung der Energiewende bis zur steuerlichen Forschungsförderung und der Digitalisierung.
Zu Beginn des Gesprächs wiesen die LVI-Vertreter auf die Notwendigkeit hin, dass sich das Land auch gegenüber der neuen Bundesregierung bei für Baden-Württemberg relevanten Fragestellungen in der notwendigen Weise einbringen muss. In diesem Zusammenhang waren sich beide Seiten einig, dass die Innovationskraft des Landes zu stärken ist. Gleichzeitig wurde die Bedeutung von (Weiter-)Bildung/ Qualifikation hervorgehoben, dies vor allem, um die Wertschöpfung und den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu bewahren.
Angesichts der vielfältigen bürokratischen Belastungen, denen sich Unternehmen bei staatlichen Rechtsvorgaben – etwa bei Genehmigungsverfahren – oftmals ausgesetzt sehen, wurde der vom Land eingesetzte Normenkontrollrat zu Bürokratievermeidung, Bürokratieabbau und besseren Rechtsetzung begrüßt. Über eine Vereinfachung der Prozesse muss es – ohne qualitative Einbußen – wieder zu mehr Planungs- und Investitionssicherheit kommen, um auch auf diesem Weg zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des Wirtschaftsstandorts beizutragen und eine schleichende De-Industrialisierung zu vermeiden.
Einigkeit bestand darin, dass auf Bundesebene die steuerliche Forschungsförderung endlich realisiert werden muss; die LVI-Vertreter baten die Abgeordneten eindringlich sich hierfür weiterhin einzusetzen. Da Anreize für Forschung und Entwicklung der Schlüssel für dauerhaften Investitionserfolg sind und gleichzeitig die Digitalisierung und Globalisierung den Innovationsdruck erheblich ansteigen lässt, sei es besonders für Baden-Württemberg, als eines der führenden Innovationszentren Europas, von großer Bedeutung, dass es zu der notwendigen Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung kommt. Der steuerliche Anreiz sei insbesondere für den Mittelstand sinnvoll und würde auch die Breitenwirkung der Digitalisierung positiv beeinflussen. In diesem Zusammenhang forderten die LVI-Vertreter ebenfalls, darauf hinzuwirken, die veraltete Definition von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu reformieren, da diese der unternehmerischen Realität nicht mehr gerecht werde und dringend angepasst werden müsse.
Die Industrievertreter brachten auch das Thema der Digitalisierungsinfrastruktur in die Diskussion und zeigten auf, dass der tatsächliche Finanzierungsbedarf für dieses zukunftsweisende Thema deutlich über den geplanten Mitteln liegen dürfte, die Land und Bund zur Verfügung stellen wollen bzw. können. Hier wurde der Vorschlag eingebracht, im Schulterschluss mit der Industrie, neue Finanzierungskonzepte zu entwickeln, um das notwendige Kapital für diese wesentliche Zukunftsaufgabe aufzubringen und somit auch hier die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Regionen in der Welt zu wahren. Beide Seiten kamen überein, die Diskussion über dieses Thema weiter fortzuführen.
Bei der Diskussion über die Mobilität der Zukunft, mögliche Mobilitätskonzepte und die Rolle von Antriebstechnologien sprachen sich die LVI-Vertreter weiterhin für eine Technologieoffenheit seitens der Politik aus. Zudem müsse für die „Mobilitätswende“ die notwendige Zeit für diesen Transformationsprozess zur Verfügung stehen. Dies sei nicht nur für die Automobilhersteller, sondern auch und vor allem für die zahlreichen Zulieferunternehmen unabdingbar. In diesem Zusammenhang sollten vorhandene Haushaltsmittel vorrangig zum Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur verwendet werden. Auch komme es darauf an, die Technologieakzeptanz in Baden-Württemberg weiter zu stärken. Die bundesweite Diskussion über Fahrverbote, etc. wurde – auch angesichts des vom Land gestarteten Strategiedialogs „Automobilwirtschaft Baden-Württemberg“ – als nicht zweckdienlich gesehen.
Direkt darauf aufbauend ging es im Weiteren um Fragen der Finanzierung von Infrastrukturprojekten, insbesondere im Straßenbereich. An dieser Stelle kamen beide Seiten überein, die damit verbundenen Finanzierungsfragen, auch angesichts der Zielsetzung, Wertschöpfung im Land zu halten, in separaten Fachgesprächen fortzuführen. Dabei soll auch über die sinnvolle Ausgestaltung der auf Bundesebene beschlossenen „Infrastrukturgesellschaft Autobahn“ gesprochen werden.
Einen besonderen Themenschwerpunkt nahm die Energiewende in Deutschland und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen ein. Von Seiten des LVI wurde in diesem Zusammenhang auf das energiepolitische Zieldreieck eingegangen. Insbesondere wurde von den LVI-Vertretern deutlich gemacht, dass man sich beim Klimaschutz auf einem guten Weg befinde. Hierzu trage gerade auch die Industrie „als Problemlöser“ und wichtiger Partner der Politik bei den Themen Energieeffizienz und Energieeinsparungen bei.
Hinsichtlich der Qualität der Stromversorgung in Baden-Württemberg verwiesen die LVI-Vertreter auf eine entsprechende Umfrage des Verbandes bei seinen Mitgliedern, deren Erkenntnisse in einem – vom Umweltministerium moderierten – Workshop, in dem alle relevanten Partner mitwirken, weiter konstruktiv erörtert werden. Auf diese Weise soll die Qualität der Stromversorgung im Land, die sich nach wie vor auf einem hohen Niveau befindet, auch mittel- bis langfristig sichergestellt werden.
Im Bereich der Wirtschaftlichkeit und Bezahlbarkeit von Strom/ Energie wurde auch auf Defizite hingewiesen, insbesondere bei der Ausgestaltung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, wo weiterer Reformbedarf besteht. Zudem wurde bei der Umsetzung der Klimaschutzziele in Baden-Württemberg dringend gefordert, weitere regionale Belastungen zu vermeiden.
Angesichts der notwendigen Maßnahmen zur Minderung von Emissionen wurde schließlich auch auf die BDI-Studie „Klimapfade für Deutschland“ aufmerksam gemacht, aus der sich ergibt, dass mit vorhandenen bzw. bereits absehbaren neuen Technologien eine 80 %ige Treibhausgasreduzierung bis 2050 in Deutschland technisch und volkswirtschaftlich unter bestimmten Voraussetzungen erreichbar ist. Auch im Zusammenhang mit der Diskussion zu CO2-Abgaben/ Steuern, über die Möglichkeiten der Energiespeicherung bis hin zu – auch europäischen – Fragen im Zusammenhang mit rechtlichen Vorgaben bei der Recyclingfähigkeit von Produkten wurde festgehalten, dass diese Themenstellungen in einem gemeinsamen Expertenkreis vertieft werden sollen.