Wirtschaftsverbände zeigen in neuer Verbandszentrale in der Türlenstraße gemeinsam Flagge
Stuttgart, 24.05.2019 Künftig unter einem Dach: Die Arbeitgeberverbände Südwestmetall und Südwesttextil, der Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie (LVI) und die Arbeitgeber Baden-Württemberg werden in der neuen Verbandszentrale in der Stuttgarter Türlenstraße gemeinsam Flagge zeigen. „Wir wollen damit den Anliegen unserer Mitgliedsunternehmen und der baden-württembergischen Wirtschaft insgesamt noch besser Gehör verschaffen“, erläuterten die Spitzenvertreter der Verbände in einer Pressekonferenz anlässlich der feierlichen Einweihung des futuristisch anmutenden Gebäudes an diesem Freitag.
Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall: „Es gibt viele Gründe, weshalb wir als Wirtschaftsverbände verstärkt gemeinsam Zeichen setzen sollten. Das europäische Projekt, das uns seit vielen Jahrzehnten Frieden und wachsenden Wohlstand beschert, ist gegenwärtig bedroht von Populisten und extremen Kräften an den Rändern des politischen Spektrums. Ein sichtbares Zeichen setzen müssen wir auch angesichts der Umwälzungen, vor denen unsere Gesellschaft und mit ihr unsere Wirtschaft steht. Ob Digitalisierung oder die Erfordernisse, den Klimawandel zu bremsen: Die Auswirkungen dieser Transformation sind teils gravierend – für die Unternehmen und die Beschäftigten insbesondere auch der Metall- und Elektroindustrie. Ich nenne hier nur den Aufbruch der Autoindustrie zur Elektromobilität. Hier müssen wir mit klar vernehmbarer Stimme deutlich machen, welche politischen Rahmenbedingungen wir benötigen, um Beschäftigung und Wohlstand langfristig sichern zu können.“
Bodo Th. Bölzle, Präsident des Arbeitgeberverbands Südwesttextil: „Die Textilindustrie fungiert immer erfolgreicher als Werkstofflieferant über die Branchengrenzen hinweg. Textil ist eine hochspannende Querschnittstechnologie und ein wichtiger Impulsgeber für viele andere Wirtschaftszweige. Man findet Textilien im Auto, im Flugzeug, in der Medizin und im Straßenbau. Wir sind optimistisch, die führende Position im Weltmarkt weiter auszubauen. Dennoch belasten uns einige Themen, wie z.B. das geplante Lieferkettengesetz und die viel zu hohen Energiekosten, die dem Mittelstand schaden. Vom gemeinsamen Verbandshaus und der Nähe zu den Partnern unserer Landesvereinigungen erhoffen wir uns, für diese Belange noch mehr Gehör zu finden. Die Stimme der Wirtschaft wird an dieser Adresse lauter. Zu diesen Interessen gehört auch ein stabiles Europa. Die Europäische Union hat uns 70 Jahre Frieden, Freizügigkeit, sozialen Ausgleich und damit ein besseres Leben ermöglicht. Als Industrie, die sich als erste globalisiert hat, wissen wir: Frieden, Freiheit, Freihandel und gleiche Spielregeln für Wirtschaft und Gesellschaft sind lebenswichtig für unseren Erfolg und unsere Zukunft.“
Heinrich Baumann, Präsident des Landesverbandes der Baden-Württembergischen Industrie (LVI): „In den vergangenen Tagen haben wir alle das Grundgesetz gewürdigt, das vor 70 Jahren die demokratische Basis für unser Miteinander gelegt hat. Auf europäischer Ebene haben wir zwar kein Grundgesetz, wohl aber einen weitreichenden demokratischen Konsens, den es zu schützen und zu ehren gilt. Indem wir am kommenden Sonntag von unserem Recht, zur Wahl zu gehen, Gebrauch machen, stärken wir die europäische Idee und unterstreichen die Bedeutung Europas für unseren Frieden, unsere Freiheit und auch unseren Wohlstand. Gerade angesichts der geopolitischen Entwicklungen der letzten Jahre ist ein starkes, einiges und handlungsfähiges Europa unabdingbar. Nur im europäischen Verbund können wir global wettbewerbsfähig sein und bleiben, den Klimawandel bewältigen, ressourceneffizient produzieren und den weltweiten Fortschritt mitgestalten. Ich freue mich, dass der LVI künftig unter diesem beeindruckenden gemeinsamen Dach mit befreundeten Verbänden seinen Teil beitragen kann.“
Dr. Rainer Dulger, Präsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg: „Die baden-württembergischen Arbeitgeberverbände sind sich einig, dass wir uns bei den Wahlen zum EU-Parlament für jene politischen Kräfte einsetzen müssen, die den europäischen Einigungsprozess unterstützen. Bei allem – zum Teil berechtigten – Ärger über das, was manchmal aus Brüssel kommt: Dass wir uns heute über Datenschutzrichtlinien aufregen können, statt in Schützengräben aufeinander zu schießen, haben wir nicht zuletzt der EU zu verdanken. Sie ist nicht nur der Garant für Frieden, sie hat auch einen großen Markt geschaffen, in dem Kunden frei entscheiden können, welche Waren sie kaufen möchten. Gerade die exportorientierte Wirtschaft im Südwesten profitiert stark vom gemeinsamen Binnenmarkt. Und angesichts des derzeit rauer werden Umfelds, muss jedem klar sein: Probleme in Handelsfragen wird nur die EU auf Augenhöhe mit anderen Weltmächten lösen können. Die einzelnen Mitgliedstaaten sind dafür zu klein.“
Die neue Verbandszentrale wurde an diesem Freitag im Beisein des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und weiterer hochrangiger Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verbänden feierlich eingeweiht. Kretschmann betonte in seiner Rede: „Wenn die Wirtschaftsverbände unseres Landes rufen, dann ist der Ministerpräsident zur Stelle. Denn was hier erdacht, ausgetüftelt und verhandelt wird, das hat Gewicht. Bei uns in Baden-Württemberg, aber auch darüber hinaus. Und deshalb ist es auch folgerichtig, dass Sie nun mitten im Geschehen sind. Gut sichtbar. Sie haben Ihre neue Verbandszentrale als ein ‚Flaggschiff‘ der freien Wirtschaft bezeichnet. Ich finde, das passt gut. Herzlichen Glückwunsch zu diesem gelungenen Stück Architektur, von mir persönlich, aber auch im Namen der Landesregierung.“
Das moderne Gebäude umfasst mehrere Teile. Herzstück ist das geschwungene Bürogebäude mit rund 24.000 Quadratmetern Geschossfläche entlang der Türlenstraße. An der Heilbronner Straße erstreckt sich ein weiteres Bürogebäude mit rund 23.000 Quadratmetern Geschossfläche. Neben den Verbänden wird es noch weitere Mieter geben. Außerdem sind rund 200 Mietwohnungen und mehrere Kindertagesstätten entlang des Bürgerparks zwischen Türlenstraße und Tunzhofer Straße entstanden. Hinter dieser weitgehend geschlossenen Blockbebauung öffnet sich ein begrünter Innenhof, der mit Tiefgaragen- und Technikgeschossen unterbaut ist. Das Grundstück war Teil des Geländes der ehemaligen Mercedes-Benz Niederlassung. Die Gesamtkosten für das Bauprojekt beliefen sich auf mehr als 100 Millionen Euro.
Da das Haus aufgrund seiner zentralen Funktion für die Verbändelandschaft in Baden-Württemberg mehr als ein reines Verwaltungsgebäude ist, gehören zu dem Ensemble ein großer Veranstaltungssaal für bis zu 500 Personen, mehrere Seminar- und Tagungsräume sowie ein großzügiges Foyer.
Für die Planung des Gebäudes zeichnete das Architekturbüro Schaller Architekten BDA RIBA mit Standorten in Stuttgart und Zürich verantwortlich. Das Projekt ging aus einem internationalen Auswahlverfahren hervor, bei dem der Entwurf von Schaller Architekten mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde.